Läuft: 30 Jahre Trippen-Schuhe
Wir gratulieren Trippen zum 30. Geburtstag. Das Berliner Schuhlabel hat sich mit unverwechselbaren Modellen internationale Bekanntheit erworben. Der Flagship-Store ist in den Hackeschen Höfen. Mit dem T-Projekt erkundet Trippen ganz neue Wege – hin zum „zirkulären Schuh”.
Weltbekannter Geheimtipp
Vor drei Jahrzehnten, im Berlin der Nachwendezeit, begannen Trippen-Gründer Angela Spieth und Michael Oehler eine unverwechselbare Designsprache zu entwickeln, der sie bis heute treu bleiben. Die zeitlosen Trippen-Schuhe überzeugen durch Qualität. Ohne großes Marketing entwickelten sie sich schnell zum „weltbekannten Geheimtipp” (Oehler).
Heute beschäftigt Trippen über 100 Mitarbeitende und verkauft 40.000 Paar Schuhe im Jahr. Trippen-Schuhe sind in 34 Ländern im Handel, der Online-Store verschickt in 84 Länder. Neben eigenen Stores in Berlin, Köln und Paris gibt es Partnershops in acht asiatischen Metropolen. Über 2.000 verschiedene Modelle sind bisher entstanden.
Punk trifft Waldschrat
Es begann mit einem Flirt. Daraus entstand eine über 30 Jahre währende kreative Zusammenarbeit und ein international erfolgreiches Unternehmen. Angela Spieth und Michael Oehler begegneten sich Anfang der 1990er-Jahre in einer Berliner Design-Galerie. „Punk trifft Waldschrat", schreiben sie später selbstironisch. Zwei gegensätzliche Persönlichkeiten entdeckten eine gemeinsame Leidenschaft, die ihr weiteres Leben bestimmen sollte: Schuhe. Sie war zuvor als Schuhdesignerin für verschiedene Unternehmen tätig gewesen, während er sich nach einer Schuhmacherlehre als Hersteller von Maßschuhen für Theater- und Filmproduktionen etabliert hatte.
Berlin nach dem Mauerfall brodelte, doch untenrum sah es ziemlich eintönig aus: Die Szene trug Springerstiefel, Birkenstock-Sandalen oder Sneaker. Spieth und Oehler wollten das ändern.
Erste Schritte auf Holzsohlen
Mit der DDR brachen auch viele volkseigene Betriebe zusammen. In einem dieser Betriebe – einer Fabrik für Schuhleisten im Harz – stießen Spieth und Oehler 1991 auf einen großen Posten unbenutzter Holzsohlen. Aus dem Fund entstand ihr erstes gemeinsames Projekt. Sie schlossen sich vier Wochen in Oehlers Kreuzberger Werkstatt ein. Mit zwei Dutzend innovativen Schuhmodellen kamen sie wieder heraus und stellten sie in einer Galerie vor.
Nicht alle ihrer „Skulpturen für den Fuß” waren für längere Zeit tragbar. Das tat dem Erfolg keinen Abbruch: Modeschöpferinnen wie Claudia Skoda oder Wolfgang Joop orderten. Produziert wurde mit einem hastig zusammengewürfelten Team aus Studenten, Quereinsteigern und Kriegsflüchtlingen vom Balkan.
Unternehmensgründung
1994 präsentieren Spieth und Oehler ihre Kollektion erstmals mit einem kleinen improvisierten Stand auf einer Schuhmesse – und erregen Aufsehen. Große Unternehmen überbieten sich gegenseitig, wollen die ganze Kollektion aufkaufen. Und die beiden Talente gleich mit. Spätestens da merken die beiden, dass sie auf dem richtigen Weg sind. Sie beschließen: Das machen wir selbst.
Ende des Jahres 1994 gründen sie das Unternehmen Trippen. Den Namen liefern die Holzsohlen, die am Anfang ihrer Zusammenarbeit standen: „Trippen” wurden im Mittelalter die hölzernen Unterschuhe genannt, die die eigentlichen Schuhe vom Straßenschmutz beschützten – bitter nötig angesichts fehlender Kanalisation. Der erste deutsche Trippen Shop wird 1995 eröffnet – in den Hackeschen Höfen – bis heute ist es der Flagship Store des Unternehmens.
Es folgen aufregende Jahre. Das Unternehmen wächst rasch. Trippen trendet in Japan und im Jahr 1997 öffnet der erste Trippen Shop in Tokio. Bis heute bringt der asiatische Markt einen Großteil des Umsatzes.
Produziert werden soll jedoch in Europa. Gesucht werden Hersteller, die den hohen Qualitätsansprüchen von Trippen genügen. Die Maxime: Kleben verboten. Die Schuhproduktion ist fast komplett nach Asien abgewandert. Doch Trippen geht einen anderen Weg, macht sich in Europa auf die Suche, arbeitet mit Unternehmen in Pirmasens, im Waldviertel und in Italien zusammen. Ab 1998 baut Trippen schließlich in Zehdenick in Brandenburg seine eigene Manufaktur auf – mit Maschinen und Mitarbeitern eines ehemaligen DDR-Schuhkombinats. Seit dem Jahr 2014 kommen sämtliche Trippen-Schuhe aus Brandenburg.
Die Trippen-Philosophie
Vieles ist bei Trippen von Anfang an klar: Die beiden Gründer wollen nicht für den Massenmarkt produzieren, sondern Mode für den Fuß schaffen. Wie in der Haute Couture gehört die enge Verzahnung von Gestaltung und Produktion zum Konzept. Das geht nur in einer Manufaktur-Produktion mit viel Handarbeit.
Gleichzeitig sollten die Schuhe funktionsgerecht sein – wie jedes gute Industriedesign. In diesem Fall heißt das bequem. „Schuster bleib bei deinen Leisten” – an diesen Ratschlag hält sich das experimentierfreudige Label nur im wortwörtlichen Sinn: Die Leisten, die Grundlage der Schuhherstellung, wurden der Anatomie entsprechend einmal entwickelt und werden seitdem beibehalten – und nicht etwa der Mode oder Gestaltungseinfällen unterworfen. Auch Sohlenformen und Absatzhöhen bleiben. So entsteht weniger Müll.
Lange bevor Nachhaltigkeit zum Modebegriff wurde, verständigten sich Spieth und Oehler auf den verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen. Ihre Schuhe sollen ein langes Leben haben – durch hochwertige Verarbeitung und eine zeitlose Gestaltung.
„t-project”: der Schuh, der im Kreis läuft
Nachhaltigkeit gehört von Beginn an zur Trippen-DNA. Jetzt geht das Unternehmen noch einen Schritt weiter: Mit t-project sucht es nach neuen kompromisslosen Lösungen auf dem Weg hin zum zirkulären Schuh: Schuhe,die aus wiederverwendeten Materialien bestehen und die selbst wiederverwertbar sind. Für die Sohlen entwickelten sie eine Gummimischung, die zu 50 Prozent aus geschredderten abgelaufenen und Ausschuss-Sohlen besteht, die über Jahre gesammelt wurden. Die andere Hälfte der Sohle besteht zu gleichen Teilen aus natürlichem und synthetischem Gummi.
Um Obermaterialien aus recycelten Garnen zu entwickeln, hat Trippen eine Strickwerkstatt eingerichtet. Das Garn des Modells Revive besteht aus recycelten Plastikflaschen und Plastikmüll aus dem Meer.
Das Modell Proto besteht aus früheren Experimenten. Erste Prototypen aus der Produktion wurden gesammelt, dekonstruiert und wiederverwendet. Nähte, Schnürlöcher oder Aufschriften aus dem Gestaltungsprozess bleiben sichtbar. Jeder Schuh ist ein Unikat.
Für das Modell Aware/Beware wurden zunächst Postsäcke und dann gebrauchte Jeans aus der Altkleidersammlung für das Obermaterial verwendet. Zusammen mit einem Fußbett aus Kork sowie natürlichem Gummi ergibt das einen veganen Schuh. Auch hier gehören leichte Unterschiede des Jeansmaterials zum besonderen Charme. Für t-project sicherte sich Trippen den Green Product Award 2024 in der Kategorie „Fashion”. Auch dazu gratulieren wir!