Erfolg mit Jugendstil: Golem Baukeramik

Die Fliesen von Golem sind einzigartig. Die Brandenburger Manufaktur beliefert Bauherren und Architekten weltweit. Ihr Markenzeichen sind originalgetreue Repliken von Jugendstil- und Gründerzeitfliesen, hergestellt nach traditionellen Verfahren. Der Flagshipstore ist seit dem Jahr 2001 in den Hackeschen Höfen. Der Standort passt: Die glasierten Ziegel, die die Jugendstilfassaden in Hof 1 schmücken, stammen von Golem.
1. Fliesen wie früher
Früher war nicht alles besser. Aber die Fliesen schon. Davon zeugen in Berlin beispielsweise die alten U-Bahnhöfe der Linie 8, die Jugendstilfassaden im ersten Hof der Hackeschen Höfe oder das Geschäft von Golem in Hof 6, wo man Repliken historischer Fliesen bewundern und für das eigene Bad oder die Küche erwerben kann.
Das Unternehmen mit Sitz in Sieversdorf bei Berlin produziert nicht nur Fliesen, sondern ist ein gefragter Partner für die Restaurierung historischer Baukeramik. Neben Ornamentfliesen werden auch passende Bordüren, Sockel und einfarbige Fliesen produziert, um harmonische Gesamtbilder zu ermöglichen.

Das Unternehmen fertigte in den 1990er-Jahren auch die glasierten Ziegel, sogenannte „Verblender”, die für die Restaurierung der einzigartigen Fassadengestaltung des Jugendstil-Künstlers August Endell in Hof 1 der Hackeschen Höfe benötigt wurden.
Golem hat sich die Bewahrung tradierter und fast in Vergessenheit geratener Handwerkstechniken zur Aufgabe gesetzt, wie beispielsweise die Schlickermalerei: Bei dieser Methode werden auf einer einer glatten Fliese die Umrisse eines Motivs aus dünnflüssigem Ton von Hand aufgetragen. Nach der Trocknung wird innerhalb dieser Umrisslinie die eigentliche Glasur eingefüllt.
Jede Fliese wird von Hand glasiert. Durch die handwerkliche Verarbeitung entstehen Fliesen von besonderer Brillanz und Farbtiefe. Unterschiede in der Glasurstärke führen zu einer lebhaften Oberfläche mit leicht changierenden Farben. Typisch für den Jugendstil sind feine Risse in der Glasur, das sogenannte „Craquelé”. Wer den Golem-Store besucht hat, findet an Fabrik-Fliesen aus dem Baumarkt keinen Gefallen mehr.

2. Töpfern im Sozialismus
Die Geschichte von Golem ist eng mit der Biografie seines Gründers Tomas Grzimek verbunden. Als Kind einer Künstlerfamilie prägte ihn das kreative Umfeld seines Elternhauses. Durch die Lebensgefährtin seines Vaters lernte er das Keramikhandwerk kennen. Nach einer Ausbildung bei der renommierten Keramikerin Hedwig Bollhagen studierte er Bildhauerei mit Schwerpunkt Keramik an der Kunsthochschule Weißensee. In einer eigenen Werkstatt im Oderbruch im Norden Brandenburgs experimentierte er mit traditionellen Brenntechniken und stellte Gefäßkeramik her. Er war einer von vielen selbstständigen Keramikern, die in der Mangelwirtschaft der DDR ein gutes Auskommen fanden. Nach der Wende brach dieses Geschäft zusammen.

3. Ziegel gesucht
In den 1990er-Jahren mussten in den neuen Bundesländern viele Baudenkmäler nach jahrzehntelangem Verfall dringend restauriert werden. Der Bedarf an historischen Ziegelformaten war groß. Das brachte Grzimek und seinen Geschäftspartner Ulrich Schumann auf eine Idee: Sie starteten im Oderbruch ein Arbeitsbeschaffungs-Projekt zur Herstellung von Ziegeln für historische Gebäude. Dorthin waren viele Keramiker übergesiedelt, um den steigenden Mieten in Berlin zu entgehen. In einem leerstehenden Rinderstall in Sieversdorf legten die beiden mit zehn arbeitslosen Keramikern los. Golem produziert dort noch heute. In der Umgebung sind mehrere Gebäude dazugekommen.
Die beiden Unternehmer legten das Projekt von Beginn an so an, dass sie es nach Auslaufen der einjährigen Förderung als Unternehmen weiterführen konnten. Die Werkstatt machte sich schnell einen Namen, war aber ausschließlich von öffentlichen Aufträgen abhängig. Nach einem Jahrzehnt war die Region jedoch weitgehend durchrestauriert. Im Jahr 2001 geriet das Unternehmen daher in die Insolvenz. Doch im selben Jahr entstand es unter dem Namen Golem– Kunst und Baukeramik GmbH neu. Die Hackeschen Höfe spielten dabei eine entscheidende Rolle.

4. Neustart in den Hackeschen Höfen
In einem leerstehenden Geschäft in Hof 7 der Hackeschen Höfe bietet Grzimek im Jahr 2001 überschüssige Baukeramik von Restaurierungsprojekten zum Verkauf an. Das Angebot wird überraschend gut angenommen.
Die Reproduktion historischer Baukeramik ist sehr aufwendig, der Produktion eines neuen Stücks geht eine halbjährige Entwicklungszeit voraus. Der Gedanke lag also nahe, den mühsam erarbeiteten Fundus von Repliken historischer Baukeramik dauerhaft zu nutzen. Nach dem Erfolg der Verkaufsausstellung in den Höfen weiß Grzimek, wie er sein Geschäftsmodell in Zukunft auf eine breitere Basis stellen kann: durch die Serienproduktion von Baukeramik. Da die Nachfrage nach Fliesen aus der Gründerzeit und dem Jugendstil besonders groß ist, werden sie zum Schwerpunkt des Unternehmens.
Golem bleibt in den Hackeschen Höfen. Als im Jahr 2016 der Sophienclub schließt, zieht Golem nach Umbau und Sanierung aus dem Hof 7 in wesentlich größere Räume in Hof 6. Dort findet man Golem bis heute.

5. Wer oder was ist Golem?
Der Golem ist eine jüdische Sagenfigur, ein aus Lehm gebildetes, stummes, menschenähnliches Wesen von gewaltiger Größe und Kraft. Es führt Aufträge seines Schöpfers und Meister aus und besitzt keinen freien Willen. Einer Legende nach schuf ein Rabbi im Prag des 16. Jahrhunderts ein solches Wesen mithilfe von Feuer und Magie, um die jüdische Gemeinde vor Übergriffen zu schützen und die Synagoge zu fegen.
Den Unternehmensgründern gefiel das Bild, dass aus Lehm etwas Lebendiges geschaffen wird. Im Scherz fügt Grzimek hinzu, der Unternehmensname Golem „sollte auch ein wenig Angst machen – schließlich wollten wir unsere Konkurrenten einschüchtern.

6. Golem heute
Heute arbeiten an den drei Standorten in Brandenburg rund 60 Mitarbeiter an Serienproduktionen und Sonderanfertigungen. Golem produziert weiterhin Baukeramik für die Erhaltung und Wiederherstellung kulturell wertvoller Gebäude. Der Großteil des Geschäfts entfällt inzwischen auf die Serienproduktion. Der kontinuierlich wachsende Motiv-Fundus umfasst inzwischen über 300 Motive von früheren Herstellern aus Deutschland. Neben Ornamentfliesen produziert Golem auch passende Bordüren, Sockel und einfarbige Fliesen, um harmonische Gesamtbilder zu schaffen.
Großkunden spielen eine zunehmend wichtigere Rolle. Von der Wiener U-Bahn-Station Schönbrunn bis zum Luxuskaufhaus Harrods in London – Golem-Fliesen schmücken Gebäude in internationalen Metropolen. Für das Unternehmen Jägermeister wurden Fliesen im Grün der Kräuterlikör-Flaschen neu entwickelt und für die Deutsche Bahn historische Fliesen von Villeroy & Boch für die Restaurierung des Berliner Bahnhofs Zoologischer Garten reproduziert.

In den Hackeschen Höfen schmücken Golem-Erzeugnisse nicht nur die Fassaden im Hof 1, das Unternehmen zeichnet auch für das Pflaster im gesamten Hof-Areal verantwortlich. Wer noch mehr Anwendungsbeispiele sehen möchte, findet Golem-Fliesen in den Höfen außerdem noch in den Stores von Lumas, Sawade und Trippen sowie in der Nachbarschaft in der historischen Apotheke Rosenthaler/Ecke Neue Schönhauser Straße und beim Parfüm-Anbieter Diptyque in der Neuen Schönhauser Straße.
Wer sich für die Produktion interessiert, kann sich unter werk@golem-baukeramik.de zu einer Werksbesichtigung in Petersdorf bei Frankfurt an der Oder anmelden.

Zu Gast bei Golem Baukeramik
Vertriebsleiter Tobias Klaus spricht über die Marke Golem.