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Eine Oase für zeitgenössische Kunst: KW Institute for Contemporary Art

Menschen vor dem Eingang zu den Kunst-Werken an der Auguststraße
Januar 2023

In der Nachbarschaft der Hackeschen Höfe gibt es noch so einige andere schöne Orte, die es sich zu entdecken lohnt. Zum Beispiel die "Kunst-Werke" in der Auguststraße. Wir stellen diese Institution für zeitgenössische Kunst und ihr Programm für 2023 vor.

Der ehemalige Ost-Teil Berlins in den 90er-Jahren: Von Gentrifizierung ist noch keine Rede, im Gegenteil: Große Teile von Mitte sind kurz vor dem Zusammenfallen. Aber es gibt viel Platz, um etwas auszuprobieren. Und genau das wollen viele Künstler und Kreative. Die Auguststraße wird zum Epizentrum einer vibrierenden Kunst-Szene. Von Anfang an dabei ist der Verein KUNST-WERKE BERLIN e.V., der sich in einer baufälligen ehemaligen Margarinefabrik ansiedelt. Wegweisende Ausstellungen und die ersten Biennalen werden für Direktor Klaus Biesenbach der Ausgangspunkt einer internationalen Karriere als Kurator, die ihn unter anderem 2004 an das Museum of Modern Art in New York führt. 

Fotos: Eingang zu den Ausstellungsräumen, Birken im Innenhof © Valerie Schmidt

Eingang zu den Ausstellungsräumen der Kunst-Werke und Menschen im Innenhof

Kaffee im Birkenwäldchen 

Zur Auguststraße hin präsentiert sich das Ensemble mit einem denkmalgeschützten Vorderhaus aus dem 18. Jahrhundert. Neben Ausstellungsräumen befinden sich hier Ateliers und Wohnungen. Durch eine Toreinfahrt gelangt man in den langgestreckten Innenhof, der mit einer Vielzahl von Birken bepflanzt ist. Hier tummeln sich im Sommerhalbjahr Kunstinteressierte, Mitte-Bewohner und Touristen, versorgt aus dem gläsernen Café Bravo, das in den 90er Jahren in den Hof eingefügt wurde. Sowohl die Birken als auch das Café sind natürlich Kunst: Das Café wurde nach einem Konzept des Künstlers Dan Graham gestaltet und die Birken sind das Überbleibsel einer Biennale-Aktion, bei der hunderte junge Bäume von Auschwitz-Birkenau nach Berlin verpflanzt wurden. Die eigentlichen Ausstellungsräume befinden sich über fünf Stockwerke verteilt in dem rückwärtigen Fabrikgebäude aus dem 19. Jahrhundert, erweitert durch eine große hohe Ausstellungshalle.

Foto: Der Innenhof der KW im Sommer © Marie Kube

Lichterketten erleuchten den Innenhof der Kunst-Werke im Sommer

Zeitgenössische Kunst

Der progressive Anspruch des „KW Institute for Contemporary Art” wird dem Besucher bereits vermittelt, bevor er die Ausstellungsräume betritt: Sowohl im Café wie auch an der Kasse wird kein Bargeld angenommen – ungewöhnlich in einer Stadt, in der noch oft bargeldloses Bezahlen verweigert wird.

Die KW sind stolz darauf, viele herausragende Künstler*innen durch erste Einzelausstellungen und mit wichtigen neuen Arbeiten in den KW präsentiert zu haben. Es besitzt keine eigene Sammlung. Vor allem mit wechselnden Ausstellungen will es gesellschaftliche Themen der Gegenwart und aktuelle Tendenzen in der Kunst widerspiegeln. Abgesehen davon gibt es keine weiteren Festlegungen für das Programm. Projekte ergeben sich oft auch durch Kooperationen mit internationalen Partnern. Der Begriff „zeitgenössisch” wird nicht allzu eng aufgefasst. So werden im Sommer 2023 Fotografien des bereits 1991 gestorbenen französischen Künstlers, Schriftstellers und Aktivisten Hervé Guibert gezeigt.

Foto: Große Ausstellungshalle mit Werken von Michel Majerus (noch bis 15.1.23)

Ein großes Gemälde von Michel Majerus in der Ausstellungshalle der Kunst-Werke

Ein Ort für Entdeckungen

Blockbuster-Ausstellungen und Stars der Kunstwelt, die auch Laien kennen, findet man im KW nicht. Die Kommunikation auf Webseite, Plakaten und Newsletter ist eher spröde – viel Text, wenig Bilder. Hier werden Insider angesprochen. Wer sich davon nicht abschrecken lässt, kann spannende Entdeckungen machen. In der Regel laufen jeweils drei Ausstellungen parallel, im Frühjahr zwischen Februar und Mai, im Sommer zwischen Juni und August sowie im Herbst/Winter zwischen September und Januar.

Zu den Ausstellungen werden Führungen mit den Kuratoren angeboten, außerdem bietet das KW Raum für Veranstaltungen wie Workshops oder Künstlergespräche. Im Rahmen der aktuell laufenden Serie „Pause” werden Performances vorgestellt, das nächste Mal zwischen dem 27. und 29. Januar 2023: Die Künstlerin Alexis Blake untersucht in einer Installation aus Glas und Stahl und „mit Hilfe von Klang, Stimme und Körper die Bedeutung und den Akt des Zerbrechens”.

Zwei Frauen hinter einer Glasscheibe bei einer Performance
Performance „Crack Nerve Boogie Swerve” von Alexis Blake

Ausstellungen in 2023

Für 2023 haben die KW zehn Ausstellungen geplant. Zwei Künstler werden in Deutschland oder sogar Europa zum ersten Mal mit einer Einzelausstellung gewürdigt: der Bildhauer Enrico David (10. Juni – 20. August) und die kubanisch-amerikanische Künstlerin Coco Fusco (14. September 2023 – 7. Januar 2024).

Ab dem 25. Februar ist eine große Ausstellung mit 100 Werken von Martin Wong zu sehen, die zwischen den 60er- und 90er Jahren in Kalifornien und New York entstanden. Der US-amerikanische Künstler mit chinesischen Wurzeln starb früh an den Folgen von AIDS. Wong verbindet homosexuelle Motive, chinesische Ikonografie und Graffiti. Er beschäftigt sich mit Themen, die ihm in heruntergekommenen Gegenden New Yorks begegneten, die von Armut, Drogen und Kriminalität geprägt waren. 

Foto links: „Tell MyTroubles to the Eight Ball Eureka” von Martin Wong

Gemälde mit Billardkugel von Martin Wong

Das KW gibt auch Kunstwerke in Auftrag: Zwischen Juni und August 2023 wird von Emily Wardill eine immersive Installation zu sehen sein, die sich über das erste Obergeschoss der KW erstreckt.

Ab dem 14. September zeigt die Ausstellung SKIN IN THE GAME wegweisende Werke der 1970er und frühen 1980er Jahre aus den persönlichen Archiven international bekannter Künstlerinnen. Das ganze Jahresprogramm des KW finden Sie hier. 


Foto: „La Venida de la Ceiba” von Karen Lamassonne

Besuch in den Kunst-Werken

Auch für Menschen, die sich nicht für zeitgenössische Kunst interessieren, lohnt sich im Sommer ein Besuch unbedingt – um im schönen Innenhof einen Kaffee zu trinken, zu plaudern und künstlerisch angehauchte Menschen zu beobachten. Fußweg von den Hackeschen Höfen: acht Minuten. 

Öffnungszeiten:
Mittwoch bis  Montag 11–19 Uhr
Donnerstag 11–21 Uhr
Dienstag geschlossen

Eintrittspreise: 8 Euro, ermäßigt 6 Euro


Öffnungszeiten Café Bravo:
Montag und Mittwoch: 9–19 Uhr
Donnerstag: 9–21 Uhr
Freitag bis Sonntag: 11–19 Uhr
Dienstag geschlossen


Foto: © Valerie Schmidt

Zwei Frauen am Eingang der Kunst-Werke