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Erfolg mit Stil – Jan-Henrik Maria Scheper-Stuke

Juli 2023

Der Chef der Accessoire-Manufaktur Auerbach ist das prominenteste Gesicht der Hackeschen Höfe – spätestens seit seinem Erfolg im Netflix-Format Queer Eye Germany. Wir trafen Jan-Henrik Maria Scheper-Stuke im Auerbach-Showroom in Hof 3.

Scheper-Stuke empfängt uns noch etwas angeschlagen. Der Grimme-Preis für Queer Eye Germany, der anschließende Presserummel und eine rauschende Party, die er zur Feier des Preises ausgerichtet hat, stecken ihm noch in den Knochen. Und doch wirkt er gleichzeitig beflügelt. Sein Auftritt als Mode-Experte in der Makeover-Show ist der vorläufige Höhepunkt einer TV-Karriere, die der Auerbach-Geschäftsführer bereits seit zehn Jahren so ganz nebenbei verfolgt.

Foto rechts: © Netflix ThomasSchenk

mann mit schwarzem Rollkragenpulli und modischem Brillengestell

TV-Karriere

Schon 2013 war Scheper-Stuke für einen schweizerischen Jugendsender Host der Talkshow „Lassen Sie uns über Mode sprechen!“ Im Jahr 2021 lässt ihn dann Arte für eine zweiteilige Doku als Großstadtpflanze auf bodenständige „Eingeborene” im Land der Sorben treffen. In Queer Eye ist er nun als Mode-Experte Teil einer queeren Truppe, die mit viel Tamtam und Empathie das Leben von Durchschnittsmenschen umkrempelt: Motto: Du bist ein toller Typ, aber da geht noch mehr.

Dass Fernseh-Produzenten auf Scheper-Stuke aufmerksam wurden, überrascht nicht: Der Mann sieht nicht nur gut aus, verfügt über bemerkenswerte Eloquenz und das nötige Selbstbewusstsein – er hat darüber hinaus einen unverwechselbaren Signature-Look geschaffen.

Mann mit Fliege und im Samtanzug hält ein Mikrofon in der Hand
Von Lohne nach Berlin


Auch wenn er schon in jungen Jahren seine Mitschüler mit rahmengenähten Budapester Schuhen überraschte, geriet Scheper-Stuke eher zufällig in die Modebranche. Aufgewachsen ist er im ländlichen Lohne bei Oldenburg; der Vater war Viehkaufmann. Nach Besuch eines Internats absolviert er auf Wunsch des Vaters zunächst eine Ausbildung als Bankkaufmann in der örtlichen Kreissparkasse. Zum Jurastudium geht es dann nach Berlin. Der dort ansässige Patenonkel wird beauftragt, dort ein Auge auf den jungen Mann zu haben: Günther Stelly, Geschäftsführer und Inhaber der Krawattenmanufaktur Edsor Kronen.


Vom Studium zur Geschäftsführung

Günther Stelly ist in einem Alter, in dem der Ruhestand ins Blickfeld kommt. Nach dem Studium schlägt ihm Scheper-Stuke vor, was zuvor nur als vage Idee im Raum schwebte: die Führung von Edsor Kronen zu übernehmen. „Ich habe mich aufgedrängt“, erinnert sich Scheper-Stuke schmunzelnd. Führende Positionen einzunehmen liegt ihm, war er doch bereits Schulpräsident, Fachschaftsrat und Fakultätsrat.

Scheper-Stuke übernimmt ein desolates Unternehmen. Mithilfe eines Investors versucht er, es zu retten – und scheitert. Nach vier Jahren muss er Insolvenz anmelden. Doch er gibt nicht auf. Unter neuem Namen macht er weiter: Auerbach. So hieß der Edsor-Gründer.

Foto rechts: Schleifen – nicht „Fliegen” – im Auerbach-Showroom
© Instagram Nutzerin-Kate (kate23469)


Foto unten: Günther Stelly und Jan Henrik Maria Scheper-Stuke werben mit einer witzigen Fotoserie für Auerbach.

Eine größe Auswahl von Schleifen beziehungsweise „Fliegen” in einem Geschäft
Schwarzweiß-Bild mit einem älteren Mann und ein junger Mann im Anzug in einem Treppenhaus
Das Gesicht der Marke

Für Auerbach entwickelt der fotogene Chef mit seinem Team eine Werbestrategie, die ihn selbst in den Mittelpunkt stellt. Er soll das Gesicht der Marke werden. Eine Figur wird kreiert: nach hinten gegeltes Haar, nostalgische Brille, schmales Oberlippenbärtchen, elegante Anzüge, Fliege, Einstecktuch. Ein Auftritt, der gerade im notorisch schludrigen Berlin Aufmerksamkeit garantiert. Scheper-Stuke geht in die Öffentlichkeit – und der jugendlich aufgefrischte 20er-Jahre-Dandy-Look kommt an. Die Strategie, möglicherweise zunächst auch ökonomisch motiviert, zündet. Denn hier wird nicht ein beliebiges Model inszeniert. Diese Person gibt es wirklich. Und sie verkörpert die Marke gekonnt.

Die Presse reißt sich um ihn, bis hin zur New York Times, Scheper-Stuke wird zum gern gesehenen Partygast, TV-Produktionen klopfen an. Eine Karriere als öffentliche Figur nimmt Fahrt auf.

Im Team von Queer Eye

Die Mitwirkung bei Queer Eye Germany ist für Scheper-Stuke in vielfacher Hinsicht eine spannende Erfahrung. Noch immer ist er beeindruckt vom Perfektionsgrad der Netflix-Maschinerie: Ein zentral aus Los Angeles gesteuerter einjähriger Casting-Prozess spuckte am Ende ein Team aus, das sich vor dem ersten Drehtag nie begegnet war, aber trotzdem hervorragend harmonierte. Unter seinen sehr lauten Mitstreitern im Team der „Fab 5“ findet sich Scheper-Stuke in einer ungewohnten Position wieder: nicht im Mittelpunkt.

Foto links: © Netflix

Fünf modische junge Männer vor weißem Hintergrund

Auerbach und die Höfe

Als inhabergeführtes Unternehmen und Berliner Hersteller passt Auerbach perfekt zum Konzept der Hackeschen Höfe: regionale Manufakturen mit unverwechselbaren Produkten. Das blieb bei der Verwaltung der Höfe nicht unbemerkt. Sie versucht wiederholt, Auerbach für eine Dependance zu gewinnen. Scheper-Stuke ist mit den Höfen von Beginn seiner Berliner Zeit vertraut: Als Student wohnte er günstig in einem baufälligen Haus am Eingang in der Sophienstraße. Doch er zögert – Auerbach verkauft bisher nur an den Großhandel.


Foto links: Auerbach-Manufaktur im ehemaligen Kohlenkeller der Hackeschen Höfe

Eine Frau an einer Nähmaschine näht Krawatten in einer Manufaktur.
„Ich fühle mich den Hackeschen Höfen so verbunden, dass ich hier gar nicht mehr weg will.“

Als der richtige Ort frei wird, wagt Scheper-Stuke schließlich mit dem Showroom in den Höfen den Schritt in den Einzelhandel. In Hof 3 finden Besucher heute Schleifen, Krawatten und Einstecktücher in einer Fülle von Farbtönen, Stoffqualitäten und Mustern. Viele Stücke sind Unikate. Durch Glasfenster können Besucher vom Hof aus einen Blick in die Manufaktur im Souterrain werfen. Früher befand sich hier der Kohlenkeller der Hackeschen Höfe. Sie waren im Jahr 1905 eines der ersten Gebäudeensembles in Berlin, die zentral beheizt wurden.

Die Höfe stehen für Scheper-Stuke für „Qualität, Authentizität und Tradition“. Das passt zu Auerbach, findet er. „Ich fühle mich den Hackeschen Höfen so verbunden, dass ich hier gar nicht mehr weg will.“


Foto links: Auerbach Showroom in Hof 3

Ein Geschäft für Mode-Accessoires von innen

JAN-HENRIK MARIA SCHEPER-STUKE


geboren 1982 in Lohne bei Oldenburg (Niedersachsen)

Abitur am Internat Schloss Louisenlund in Schleswig-Holstein

Ausbildung zum Bank- und Sparkassenkaufmann bei der Kreissparkasse Grafschaft Diepholz

Ab 2006 Jurastudium an der Berliner Humboldt-Universität

2010-2014 geschäftsführender Gesellschafter der EDSOR KRONEN Holding GmbH

Seit Anfang 2015 Geschäftsführer von AUERBACH

2014-2016 Moderation Luxus-Magazin „Premium Lounge“ des Nachrichtensenders n-tv

2013-2015 eigene Talkshow „Lassen Sie uns über Mode sprechen!“ beim damaligen Free-TV Sender JOIZ

2021 Zweiteiler „Der Modemacher und die Sorben“ im Arte-Dokutainment Village X

Seit März 2022 ein Teil der „Fab Five“ von „QUEER EYE GERMANY“, 2023 mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet.


Ein Mann im Anzug, mit weißem Hemd Fliege springt vor einem orangegen Hinetrgrund in die Höhe.

Jan Henrik im Podcast

Erleben Sie Jan-Henrik Maria Scheper-Stuke auch in „Höfegeflüster” – das ist der Podcast aus den Hackeschen Höfen: Der Journalist Sebastian Späth trifft Menschen, die in den Hackeschen Höfen leben, lieben, arbeiten, denken und träumen. In der ersten Folge spricht Jan-Henrik über sein Unternehmen, sein Leben und natürlich über die Hackeschen Höfe.

Hier gehts zur Episode.

Foto rechts:  © Netflix ThomasSchenk